Geschichte und Kultur Georgiens

Gott rief, nachdem er die Welt erschaffen hatte, alle Völker zu sich, um an sie das Land zu verteilen. Die Georgier hatten am Abend zuvor gefeiert und verspäteten sich. Gott hatte schon das ganze Land verteilt. Die Georgier entfalteten aber unverdrossen vor ihm die Pelzmäntel, begannen zu singen, zu tanzen und tranken den Wein. Doch die Fröhlichkeit und der Charme der Abgesandten dieses Volkes versöhnten den Gott, und er schenkte den Georgiern den Flecken Erde, den er sich selbst vorbehalten hatte: seinen Garten.
Wenn man das Land kennenlernt, kann man sich vorstellen, dass es so, wie die Legende berichtet, gewesen sein könnte. Die Landschaft Georgiens ist vielfältig und bewundernswert.
Und die Georgier selbst sind ein sprichwörtlich gastfreundliches Volk.

„Meine Heimat ist meine Ikone und die ganze Welt ist ihr Ikonenschrei. Glänzendes Berg- und Tiefland teilen wir mit Gott.“ - Erste Worte der georgischen Nationalhymne.

Georgien ist ein Teil des Kaukasus. Das Land liegt an der Grenze zwischen Europa und Asien. Hier im Kaukasus fand die Ethnogenese der Georgier statt und in einem jahrhundertelangen Prozess bildete sich die georgische Nation.
Die Geschichte Georgiens verläuft unter dem Zeichen des Zerfalls und der Wiedervereinigung des Landes sowie unter dem Zeichen der oft verlorenen und wiedererlangten staatlichen Unabhängigkeit.

 

Historische Übersicht

   Zurzeit vor Christi gab es schon auf dem heutigen Territorium Georgiens zwei georgische Königreiche: Kolchis, von Georgiern Egresi genannt (West-Georgien) und Iberien, von Georgiern Kartli genannt (Ost-Georgien).

Kolchis: Von den Mythen des Abendlandes
Es ist ein altes georgisches Königreich am Schwarzen Meer. Erstmals erwähnt wurde das Land von Apollonios von Rhodos (3. Jh. vor Chr.) in seinem Poem „Argonautika“, welches uns auf den Weg zu den Wurzeln der abendländischen Mythen und Kultur führt. Die Argonautensage erzählt uns die Geschichte über die sagenumwobene Kolchis, in der einst Jason mit seinen Argonauten landete, angelockt vom Goldenen Vlies des Kolchis-Königs Aetes.

   Epoche des Königs Parnawas (Anfang des 3. Jahrhunderts vor. Chr.): Unter seiner Herrschaft passierte eine Konsolidierung der vorher zerfallenen georgischen Stämme unter einer Königsmacht. Es war der König Parnawas, der „ die georgische Sprache ausdehnte, und keine Sprache galt mehr in Kartli außer dem Georgischen“. Zu dieser Zeit wurde Georgien auch in die Prozesse des Hellenismus einbezogen.

   Im ersten Viertel des 4. Jahrhunderts wurde Georgien christianisiert. Im Jahr 327 wurde das Christentum vom König Miriani zur Staatsreligion Iberiens erklärt.

   Einen Umbruch Georgiens bildete die Regierungszeit des Königs Wachtang Gorgassali. (Ende des 5. Jahrhunderts). Die heutige Hauptstadt Tiflis wurde im Jahr 458 von ihm gegründet. Laut der Legende stieß der König während der Jagd auf heiße Schwefelquellen. Ein Fasan soll hineingefallen und tischfertig gegart worden sein. An der Stelle gründete der König die Stadt Tiflis (georgisch თბილისი Tbilissi; bis 1936 ტფილისი Tpilissi). Heute befinden sich hier die berühmten Schwefelbäder.

Die Epoche des 12. und 13. Jahrhunderts war die Zeit von „Goldenen Zeitalter“ und georgische Renaissance. König Dawit der Erbauer (1089-1125) verwandelte sein Land in eines der mächtigsten christlichen Imperien. Und die Regentschaft der Königin Tamar (1184-1213) war der Höhepunkt sowohl des kulturellen, als auch des politischen Lebens in Georgien. In dieser Zeit wurde das Heldenepos „ Der Recke im Tigerfell“ von dem großen georgischen Schriftsteller Schota Rustaweli geschrieben.
Die Vereinigung und die Stärke Georgiens dauerten bis 15. Jh. Vom 16.Jh. zerfiel das Land in verschiedene Königreiche und Fürstentümer. Ab 19. Jh. wurde es ein Teil des russischen Reichs. (1801-1917) Georgien bildete kein Königreich mehr. Später nach dem ersten Weltkrieg erlangte es die Unabhängigkeit wieder. Die erste Republik wurde gegründet (1918-1921).
Nach der erneuten Annexion (1921) und einer 70 Jahre dauernden sowjetkommunistischen Herrschaft kam die lang ersehnte Unabhängigkeit wieder (1991), erschwert durch provozierte ethnische Konflikte, mit Verlust zwei wunderschönen Gebiete Abchasien und Samatschablo (so genannte Südossetien). Heute steht die Zweite Republik Georgiens auf dem Weg der Entwicklung und eines Aufstiegs.
Religion

Georgien ist ein christlich geprägtes Land. Georgische Kirche nennt sich georgisch-orthodoxe Apostelkirche. Patriarch der Kirche ist Ilia II.
Ca. 84% der Bevölkerung gehören der autokephalen georgisch-orthodoxen Apostelkirche an.
Im Land sind auch die muslimische Einwohner, Juden, Katholiken, Evangelisten. Jeder kann eigenes Glauben frei praktizieren.
Nach der Überlieferung wurde die christliche Religion schon im 1. Jh. nach Chr. von den Aposteln Andreas und Simon (Kananites) gepredigt, später aber im 4. Jh. von der hl. Nino aus Kappadokien, die mit dem Kreuz aus Weinrebe ins Land kam und als Bekehrerin der Georgier gilt. Zwar trug dabei die in der damaligen Hauptstadt Mzcheta ansässige alte jüdische Diaspora sehr viel zur Christianisierung Georgiens bei, doch laut einer Legende hat die entscheidende Wende einer Sonnenfinsternis gespielt, die der König Miriani bei der Jagd verzweifelt im Wald herumirren ließ, bis er „Ninos Gott“ Hilfe rief und doch die Rettung fand. Im Jahr 327 wurde das Christentum vom König Miriani zur Staatsreligion Iberiens erklärt.